Organspende polarisiert, entweder man entscheidet sich dafür oder dagegen. Dazwischen gibt es nichts.. oder doch ?
Fanni hat die Flüge der Deutschen Organstransplantations Organisation eine Weile begleiteten dürfen..
7/24 in Rufbereitschaft wartet eine ganze Flotte von Einsatzflugzeugen auf den eiligen Transport von Organen und Entnahme-Teams. Europaweit werden Spender und mögliche Empfänger durch eine intelligente Datenbank zusammengebracht. Passen die Voraussetzungen - dann muss es schnell gehen..
Die Deutschen sind Organspende-Muffel. Kein anderes europäisches Land verzeichnet so wenige Spenden wie die Deutsche Stiftung für Organtransplantation. Das mag viele Gründe haben.. Unsicherheit, Skandale in der Vergangenheit und die Schlagzeilen, noch in den Köpfen verankert sind. Religiöse Gründe, mangelnde Information und sicher auch ein ganzes Stück weit das fehlende Bedürfnis sich mit seinem eigenen Ableben auseinander zu setzen - wer will das schon.
Gesteuert werden alle Spenden in Europa von "Eurotranplant" mit Sitz in den Niederlanden. Ziel ist natürlich, möglichst vielen Patienten auf den Wartelisten mit einem geeigneten Spenderorgan zu helfen. Die Listen sind lang, die Chance den passenden Spender zu finden gering - entsprechend groß ist der Aufwand der bei einem tatsächlichen "Match" betrieben wird. Wo eine Leber es beispielsweise gut verträgt, wenn zwischen Entnahme und Implantation 7 bis 8 Stunden liegen, sind Lunge und vor allem natürlich Herz-Spenden grundsätzlich zeitkritisch.
Zurück zu unserem Nachtflug..
Während der Fahrt zum nahen Flughafen bekommen wir die nötigen Details. Wir fliegen von unserer Basis nach München und nehmen dort ein Ärzteteam an Bord. Es geht nach Hamburg. Die der Klinik näher gelegenen kleinen Flughäfen haben leider keinen Nachtbetrieb. Das hat die Nachtbereitschaft der Zentrale bereits alles ausgearbeitet und unsere Flugpläne sind beantragt. Den Transport der Ärzte zwischen Flughäfen und Kliniken organisiert das Team der DSO. Die Entnahme einer Lunge kann schonmal 4 Stunden dauern und so sind wir ganz glücklich das es Hamburg geworden ist und wir die Wartezeit auf das Ärzteteam einigermaßen komfortabel verbringen dürfen. Auf kleineren Flugplätzen ist manchmal nicht einmal ein Kaffee zu bekommen - da kann es schonmal ungemütlich werden.
Unser Copilot ist schon vor Ort und hat den Jet bereits aus dem Hangar ziehen lassen. Wir kommen ohne Verzögerung zur Startbahn und sind kurz darauf auf dem Weg nach München. Da geht es erfahrungsgemäß nicht ganz so beschaulich zu wie auf unserer schwäbischen Basis. Es herrscht schon reger Betrieb, aber wir werden mit unserem Ambulanzflug heute bevorzugt behandelt und dürfen ziemlich schnell landen und auf unsere Parkposition rollen - das klappt nicht immer so reibungslos.
Wer sich zu Lebzeiten keine Gedanken darüber macht, ob er Spender sein möchte oder nicht, der überlässt die Entscheidung quasi seinen Hinterbliebenen. Wird nach schwerer Krankheit oder einem Unfall ein endgültiges Ausfall aller Hirnfunktionen von zwei Ärzten unabhängig voneinander festgestellt, wird die zuständige Klinik dies der DSO als potentiellen Spender melden. Hat der Verstorbene diesbezüglich keine Angaben gemacht (Organspendeausweis, Patientenverfügung o. ä.) werden dann die Angehörigen um eine Entscheidung in seinem Sinne gebeten - das ist sicher in einem Zustand von Schock und Kummer keine einfache Aufgabe.
Auch wenn die Fliegerei unser "täglich Brot" ist, wir sind uns unserer wichtigen Fracht jederzeit bewusst. Jede Verzögerung wie zum Beispiel ein technisches Problem an Start oder Landeplatz oder an der Maschine könnte zum jetzigen Zeitpunkt die komplette Spende ruinieren. So ist man trotz aller Routine nach jedem erfolgreichen Einsatz doch immer ein bisschen erleichtert wenn alles rund gelaufen ist. Den Rückflug zur Basis dürfen wir dann einfach nur geniessen :-)
So ganz zu Ende ist unser Einsatz aber noch nicht. Die Logbücher führen sich auch nicht von alleine, der ungeliebte Papierkram muss erledigt werden. Die Zentrale bekommt noch unsere Landemeldung und wir übergeben die Dienstbereitschaft auf unsere Kollegen. Das Flugzeug wird gecheckt, getankt und wieder in den Hangar geschoben, startklar für den nächsten Einsatz - und der lässt nicht lange auf sich warten..
Umfragen zufolge stehen 81 % aller Deutschen einer Organspende positiv gegenüber doch nur 36 % haben einen Organspendeausweis. In Deutschland muss der Organspende zugestimmt werden - in vielen anderen europäischen Ländern hat man sich auf eine Widerspruchslösung geeinigt. D. h., hat die verstorbene Person einer Organspende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen, zum Beispiel in einem Widerspruchsregister, können Organe zur Transplantation entnommen werden. Die Widerspruchslösung gilt in Bulgarien, Frankreich, Irland, Italien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, der Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, der Türkei, Ungarn und Zypern. Das erklärt natürlich die deutlich höheren Zahlen an Spenden in diesen Ländern.
Wer sich einen Ausweis herunterladen möchte (egal ob zur schriftlichen Zustimmung oder Ablehnung) oder einfach nur weiterführende Informationen haben möchte, findet diese unter
www.dso.de
oder auch bei
www.organspende-info.de.
An dieser Stelle von mir ein ganz dickes Dankeschön an die Mitarbeiter der Firma Heli-Flight Ambulanzflugdienst für´s Mitnehmen, für Eure tollen Fotos und die vielen Einblicke und Informationen - Ihr macht einen tollen Job !